Die Models des Salzburger Fotografen Walter Oczlon posieren brav bei jedem Wetter, sind oben laut und gefährlich und unten still und geheimnisvoll.
Der Fotograf Walter Oczlon führt in bereits 3. Generation seinen Betrieb in St. Johann im Pongau. Mit 14 entfloh er der „Enge der Heimat“ und begann seine Ausbildung an der „Graphischen“ in Wien. „Dort habe ich die Fotografie von der Pike auf gelernt, was mir heute noch zugute kommt“, so Oczlon, der damals mit Austropop-Legende Wolfgang Ambros die Schulbank drückte.
Mit dem Meistertitel im Gepäck kehrte er 1979 nach St. Johann zurück und machte sich selbstständig. „Ich habe damals die Gunst der Stunde genutzt und auf Werbefotografie gesetzt. Mein Vorteil war, dass ich von Beginn an fertige Projekte angeboten habe. Agentur, Layout, Fotos, Grafik, Text – alles aus einer Hand. Das war ein Alleinstellungsmerkmal und ich habe auch von der goldenen Zeit der Werbung profitiert“, ist Oczlon überzeugt.
Der Fotograf ließ seinen Mitarbeitern stets viel Raum zur Entfaltung und übertrug ihnen früh Verantwortung. „Mein Team kümmert sich um das traditionelle Geschäft und gibt mir dadurch die Möglichkeit, meine große Leidenschaft zu leben: Freie Projekte, die mich erfüllen und mir große Freude bereiten.“
Großes Aufsehen erregte Oczlon mit seiner Fotoserie „Unter den Brücken“, die er nach vierjähriger Arbeit im Jahr 2018 finalisierte. Die Motive sind, gelinde gesagt, überraschend: Er fotografierte sämtliche Brücken auf einem 100 km langen Autobahnstück der A10 Tauernautobahn. „Das ist eine ganz tolle, anonyme Architektur. Zweckbauten, bei denen niemand an Kunst denkt, sondern die kosteneffizient und unter Berücksichtigung der Sicherheit und Schonung der Ressourcen errichtet worden sind. Die Künstler sind hier die Ingenieure, deren Namen nie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden“, erzählt Oczlon.
Unbedeutend sind aber nur ihre Namen, nicht ihre Funktion. Die Brücken der A10 Tauern Autobahn verbinden den Norden mit dem Süden Europas, über und durch die heimischen Alpen. Dennoch bleiben es kaum beachtete Brücken ohne Symbolwert. Oben kaum als Brücke wahrnehmbar – unten dominant und eindeutig. Oben immer laut, hektisch, schnell und gefährlich – unten meist still und beschaulich. Es sind nicht die längsten, höchsten, spektakulärsten Brücken, keine zarten, filigranen Schrägseil-, Gusseisen- oder Stahlbrücken. Schlichte, einfache Zweckbauten aus Stahlbeton in robuster, funktioneller Bauweise. Sie verbinden und überwinden zuverlässig Täler und Flüsse und schmiegen sich kilometerweit die steilsten Hänge entlang.
© Walter Oczlon© Walter Oczlon
„Das Leben unter diesen Brücken besitzt ganz eigene Gesetze. Unten ist es irrsinnig still, obwohl oben 50.000 Autos fahren. Viele Menschen haben ihre Häuser nahe an die Brücken gebaut – je näher, umso bunter sind oft die Farben dieser Gebäude. Und du siehst und hörst kein einziges Fahrzeug“, beschreibt der Pongauer die ganz besondere Stimmung, die er mit seinen Bildern (aufgenommen mit einer Hasselblad HD 4 und 5, Mittelformat) meisterhaft einfangen konnte. Pittoreske Ausblicke auf die wie Skulpturen emporragenden Pfeiler in einer malerischen Landschaft. Ganz besonders ist auch das Buch, in dem Oczlons ´s Projekt verewigt wurde. „Die Fotos sind in einem sogenannten Flatbook mit einer außergewöhnlichen Haptik veröffentlicht worden. Das Verfahren ist hochkomplex und wird aufgrund der hohen Kosten nur noch von einer Firma in Europa angeboten. Das Binden war teurer als der Druck, alles ist geklebt und hat Monate gedauert“, erzählt der Salzburger, der 500 Stück im Eigenverlag produzieren ließ. Jede einzelne Seite liegt dabei völlig plan und erzeugt ein besonderes Gefühl beim Blättern.
Die Leidenschaft des Fotokünstlers und die Kompromisslosigkeit bei der Herstellung des feinen Buches wurde belohnt: Oczlon wurde dafür mit dem prestigeträchtigen deutschen Fotobuchpreis ausgezeichnet – eine der vielen Ehrungen, die er für seine freien Projekte gewinnen konnte. „Ich konnte diesen Preis als erster Österreicher gewinnen, das war eine schöne Belohnung für die viele Arbeit, die ich investiert habe“, freut sich Oczlon, der eine Lanze für freie Projekte bricht. „Künstlerische Fotos zu machen, ist für jeden Berufsfotografen enorm wichtig. Man entwickelt sich sonst nicht weiter und sollte sich die Zeit dafür nehmen.“

Apropos Zeit: Die entwickelt sich nach Meinung von Oczlon wieder zurück. „Ich sehe ganz eindeutig ein Revival der Porträtfotografie, es erinnert an die Ära des Biedermeier. Und die Menschen wollen wieder etwas in der Hand haben und bestellen gerahmte Fotos. Am wichtigsten ist aber wie immer der Grundsatz: Wenn die Qualität stimmt, dann hat sie immer ihren Platz.“
Alle Infos: www.oczlon.at
© Walter Oczlon
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