Foto-Trends 2021

Christoph Künne

Wegen des gefühlten Stillstands in der Foto-Branche drängt die Frage: Mit welchen Entwicklungen dürfen wir in Zukunft rechnen? Christoph Künne sucht nach Antworten.

So wenig Foto-News war selten. Die Kreativen haben, so scheint es, andere Probleme als sich gerade jetzt für eine neuere Kamera, ein hoch auflösenderes Objektiv oder für besseres Studio-Equipment zu begeistern.

Hardware-Entwicklungen

Man könnte bösartig behaupten, der Stillstand habe die Kameraindustrie schon seit Jahren fest im Griff. Das wäre sicher etwas unfair, aber gemessen an der Innovationsfülle der fototauglichen Smartphones dennoch eine naheliegende Beobachtung. Ein Grund ist schnell gefunden: Es ist die Marktgröße. 2019 wanderten weltweit 15 Millionen neue Kameras über die Ladentheke, zugleich aber auch 1.500 Millionen fotofähige Smartphones. Zwar machen Smartphones bisher in kaum einem Bereich technisch so gute Bilder wie „echte“ Kameras, doch ist das Fotografieren – und vor allem die Bildbearbeitung – auf und mit diesen Geräten möglich und sogar recht komfortabel. Ein großer Teil der Fototelefone verfügt über exzellente Displays, die von der Größe her vielleicht nicht perfekte Bildbearbeitungs-Monitore sind, aber dennoch für viele Aufgaben vollauf genügen. Schaut man sich genauer an, was ein aktuelles Premium-Smartphone für Bilder produziert, braucht es nicht viel Fantasie, um das Potenzial in Zukunft zu erahnen: Was noch nicht schön ist, wird einfach schön gerechnet.

Software-Innovationen

Weil bei klassischer Foto-Hardware absehbar nicht allzu bahnbrechende Entwicklungen zu erwarten sind, lohnt ein Blick auf die Software. Seit Adobe für Photoshop und Lightroom auf das Abo-Only-Modell setzt, ist wieder ernsthafte Konkurrenz auf dem Fotosoftware-Markt entstanden. Bisher hat noch keiner der Anbieter Produkte zu bieten, die Photoshop in jeder Disziplin das Wasser reichen könnten. Bei Lightroom ist das anders. Hier gibt es eine Reihe von Programmen, die Fotos ähnlich gut oder besser entwicklen und verwalten. Richtungsweisend sind vor allem Tools, die auf die Möglichkeiten von „Deep Learning“ setzen. Dabei handelt es sich um Systeme der sogenannten Künstlichen Intelligenz (KI), die massenhaft Fotos auswerten, um zu neuen, automatisierten Bearbeitungsstrategien zu kommen. Beispiele wären Funktionen, die man in Luminar zum schnellen Austausch des Bild-Himmels oder zur Beauty-Retusche findet. Oder die spezialisierten Programme von Topaz zum Schärfen, Vergrößern oder Entrauschen. Sie alle werden zudem mit jedem Update besser, weil im Lauf der Zeit immer mehr analysierte Fotos die Erkenntnisse des „Tiefen-Lernens“ verfeinern. Für uns als Anwender bedeutet das: Viele Effekte der Bildbearbeitung, die heute noch einen Profi erfordern, werden morgen dem Amateur am Smartphone mit einem Klick zur Verfügung stehen.

Mischformen

Mit der neuen Vollformat-Kompaktkamera Z1 sollen Hard- und Software auf optisch hohem Niveau stärker zusammenwachsen. Statt also ein Smartphone mit einem noch besseren Objektiv auszustatten, geht Zeiss hier den Weg, eine richtige Kamera mit einem Smartphone-Betriebsystem anzutreiben. Der Vorzug liegt klar auf der Hand: Statt Firmwarefähigkeiten in der Kamera und später Photoshop auf dem PC kann man hier Android-Apps wie Adobes Lightroom oder Googles Snapseed direkt in der Kamera nutzen. Ob das Beispiel Schule macht, wird sich zeigen. Ganz unwahrscheinlich ist es nicht.

Fazit

Trendtreiber der nächsten Jahre wird definitiv KI-basierte Software sein, die uns Fotografen das Leben einfacher macht und dabei die Qualität der Bilder verbessert. Hardwareseitig wird das Potenzial eher bei der Weiterentwicklung von Bildprozessoren liegen als bei der Optimierung optischer Systeme. Wer auch in Zukunft mit Bildern sein Geld verdienen will, muss in Richtung komplexer Inhalte und aufwendiger Verfahren blicken, weil alles vermeintlich Einfache bald jedem Handyfotografen zur Verfügung steht.